Vancouver - Ein Nachtrag

Irgendwie hatte ich bei erneutem lesen nicht das Gefühl, dass der letzte Eintrag für Vancouver der Sache auch nur im Ansatz gerecht wurde. Das war irgendwie nur eine müde Aneinanderreihung von mehr oder weniger passenden Sätzen, aber im großen und Ganzen leider dann doch eher ziemlich Substanzlos. Und nach den, jetzt doch schon fast, zweieinhalb Wochen die ich hier verbracht habe, finde ich, ich sollte noch ein bisschen mehr über diese Stadt sagen. Aber irgendwie habe ich jetzt auch ziemlich Lust auf ein paar frische Beeren, ist ja schließlich Sommer, aber ich fürchte die müssen jetzt warten.

 

Also warum eigentlich jetzt noch einen Eintrag in Van, wo ich ja immernoch nichts anderes getan habe, außer am Strand zu liegen, mit stetig wechselnden Leuten wildeste Tage und Abende zu verleben und nach einem Auto zu suchen? Nun, in aller kürze: Das Thema Auto hat sich mittlerweile erledigt. Ein passender Untersatz wurde gefunden und gekauft, aber das ist jetzt nicht das Thema dieses Eintrages und daher auch absolut nicht von Bedeutung. Viel wichtiger ist tatsächlich die stete Wiederholung meiner Tage, das tägliche Laufen durch den Stanley Park zum Beispiel. Ach, Stanley Park. Ungelogen kann ich sagen, dass dies der schönste Park ist, den ich je in irgendeiner Stadt gesehen habe, kein Botanischer Garten oder nocht so manikürter Englischer Landschaftspark kann mit ihm mithalten. Dies mag wohl zum Großteil daran liegen, dass Stanley Park im Grunde gar kein Park ist, auch wenn er natürlich als Park deklariert wurde. Viel mehr ist es ein tatsächlicher Urwald inmitten der Stadt. Und da ich ja ein fleißiger Spazierer bin, habe ich nun ungefähr schon gefühlt 200km (das kann tatsächlich hinkommen) in dieser Oase der Stille inmitten der hektischen Stadt belaufen. Grundsätzlich habe ich mich öfter mal geärgert, dass ich keine Bücher oder Computer dabei hatte während ich dort meine Runden ging, irgendwas ist es mit diesen alten, beinahe unberührten Wäldern das mich tief inspiriert. Natürlich ist es auch letztlich der Grund weshalb ich nach Kanada gekommen bin: die endlosen Wälder mit der einhergehenden Ruhe und einem schwer beschreibbaren Gefühl der richtigkeit. So ähnlich ist es auch im Stanley Park (auch wenn dieser natürlich nicht gar so endlos, aber dennoch durchaus stattlich ist), wenn man vorbei an 50-60 meter hohen Mammutbäumen richtung Pazifik schlendert, so stellt sich selbst auf diesen wenigen Minuten das selbe Gefühl ein, als wäre ich in den tiefsten weiten des Yukon oder des nördlichen British Columbia. Und das wiederum ist natürlich ein wesentlicher Teil weshalb ich mein Herz an Vancouver verloren habe: Aus dem buntem, lautem, wildem, lebendingem Zentrum der Großstadt in absolute Ruhe und Einsamkeit in nur wenigen Schritten. Für mich ist das absoluter Luxus. Nochdazu konnte ich auch meinen Appetit auf die Beeren von vorhin natürlich nach Herzenslust stillen: An den lichteren Stellen des Parks, das Zentrum ist natürlich relativ dunkel, wir reden hier ja tatsächlich von gemäßigtem Regenwald, wachsen in Dornröschenhaften Hecken Brombeeren in Hülle und Fülle. Brombeerecken wie diese sind vermutlich jetzt nicht so wahnsinnig ungewöhnlich, aber bewusst wahrgenommen habe ich sowas dennoch noch nicht. Hunderte von metern ziehen sie sich zum Beispiel am so genannten Seawall entlang der Küste, stellenweise sicherlich 5-6 meter hoch und natürlich voll behangen mit reifen Beeren. Bewegt man sich nun etwas abseits der Hauptwege wird es gar ein wenig "Schlarrafesk" (fieses Wort, aber es passt so schön): Das Licht ist durch die nahen Baumriesen schon etwas gedimmt, das Rauschen des Ozeans nicht mehr von dem der Bäume zu unterscheiden und egal wohin man schaut ist man umgeben von dicken, saftigen, tief schwarzen Brombeeren. Und ich meine das wie ich es sage, von meinen Knöcheln bis weit über meinen Kopf hinaus, überall reife Beeren. Natürlich sammelte ich einige, ohne mich überhaupt zu bewegen konnte ich zwei gute Hände voll pflücken. Der perfekte Moment um wieder an den Strand zu gehen. Wie das immer so ist, habe ich nun natürlich etwas den Faden verloren, was ich eigentlich sagen wollte, aber das wird sich schon ergeben, ihr müsst da jetzt einfach einen Moment mit mir durchhalten, wir finden die tiefere Aussage dieses Eintrages schon wieder. So wie ich zum Beispiel auf einem meiner Streifzüge durch den Wald auch einen Traumfänger fand, der langsam, beinahe faul im warmen Sommerwind vor sich hin schwang und wohl für irgendwen eine wichtige Stelle markierte. In Stanley Park haben ja auch einige Indianerstämme gelebt, es ist also denkbar, dass dieser Traumfänger einen tatsächlichen indianischen Hintergrund hatte. Es war auf jedenfall ein netter Anblick, erst die schieren Mengen an Früchten zu ernten und zu genießen und dann eben diese Dekoration im Wald zu finden, welchen Sinn auch immer sie haben mochte.

 

Und da haben wir doch auch schon unsere Erkenntnis: Ich kann über Vancouver reden und reden, über die kleinsten Nichtigkeiten, über Dinge die an Bäumen reden, über das Nachtleben, die entspannten und offenen Menschen die hier Leben, das Essen, die verschiedenen Kulturen, dieser entspannte Vibe der immer mitschwingt, die Parks, die Strände, oder, oder, oder. Ich habe natürlich vieles jetzt gerade nicht erwähnt, aber über jeden dieser Stichpunkte könnte ich ganze Abende am Lagerfeuer mit Geschichten füllen. Also ich kann wirklich aufrichtig sagen, was Städte angeht führt kein Weg an Vancouver vorbei. Ich bin jetzt nicht melancholisch, dass meine Zeit hier vorerst abgelaufen ist und ich der Stadt den Rücken kehre, ganz im Gegenteil, aber dennoch bereue ich keine Minute meiner Zeit die ich hier verbracht habe und ich kann nur jedem von euch empfehlen die Stadt selbst zu erleben. Mit offenen Armen und der gewissen Grundenstpanntheit die man an der Westcoast halt einfach so hat.

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